Facharzt für Psychotherapeutische Medizin

Petra (45)


Steine und Laub– Petra (Name geändert), eine 45-jährige Klientin, Krankenschwester, kam mit einem Burnout-Syndrom, schweren Depressionen und einer Schmerzstörung zur Behandlung. Neben einer ausgeprägten Erschöpfung und Überforderung als Dauernachtwache, litt sie als allein erziehende Mutter immer noch unter den Folgen einer katastrophalen Kindheit.

Als unerwünschtes Kind und bei einer Mussehe der Eltern, wuchs sie sowohl ungeliebt vom Vater als auch missbilligt von der Mutter auf. Sie musste ihrem Vater immer wieder einen Brief vorlesen, in dem stand, dass dieser wegen ihr heiratete und unglücklich war. Hinzu kam noch ein sexueller Missbrauch durch ihn und einen Onkel. Die Mutter nutzte zeitlebens ihre Tochter als Arbeitskraft aus und hinterging sie mit einem Erbe, so dass die Klientin seit 10 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr hatte. Dem Vater konnte sie inzwischen verzeihen und besuchte ihn kürzlich im Pflegeheim.

Trotz längerer Therapie und einer mittlerweile guten Partnerschaft, fand sie keine innere Ruhe und ihre Schmerzen und Depressionen flammten immer wieder auf. In der Familienaufstellung gab sie als Ziel an, sie wolle inneren Frieden finden und sich von ihrer Mutter lösen. Sie wisse, dass Vergebung ein wichtiger Schritt sei, aber sie hasse ihre Mutter so …

In der Aufstellung stellten wir zunächst sie Selbst mit ihrem Inneren Kind und ihrem Wahren Selbst auf, dazu Vater und Mutter. Während ihre beiden inneren Anteile von ihr weg gingen, war der Vater ratlos und hilflos, die Mutter spürte nichts, wollte einfach nur weg und setzte sich schließlich hin.

In der weiteren Arbeit wurde deutlich, dass der Vater ebenso ohne elterliche Liebe aufwachsen musste und nur wenig Mutterliebe erhielt. Die Mutter wollte noch Kind bleiben und wurde viel zu früh in die Ehe gezwungen, so dass beide Eltern überfordert waren.

Die Vertreterin der Klientin krümmte sich vor Schmerz und versuchte, sich zu verstecken, fand aber keinen sicheren Ort. Als schließlich Petra ihre Mutter hilflos und mutterseelenallein so dastehen sah, lief sie zu ihr hin, weinte sehr und umarmte ihre „Mutter“. Dies war der erlösende Schritt, der gelang, nachdem sie das Schicksal ihrer Mutter erkannt hatte. In diesem Moment geschah das Wunder der Vergebung, auch ohne den berechtigten Zorn ausdrücken zu müssen. Am Ende der Aufstellung lehnte sie sich an ihren Eltern an und empfand dies als spürbare Erleichterung und ihre beiden inneren Anteile gesellten sich zu ihr.

Im Nachgespräch zwei Wochen später gab Petra an, dass die Aufstellung für sie sehr erlösend und erleichternd war. Sie habe momentan keinen Zorn mehr auf ihre Mutter, sogar versucht, diese an ihrem Geburtstag anzurufen. Die Schmerzen seien völlig in den Hintergrund getreten und sie fühle sich freier.

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