Vergebung: Der Königsweg zur inneren Heilung
Was bedeutet Ihnen am meisten? Glücklich sein, befriedigende Beziehungen, inneren Frieden, Zufriedenheit im Beruf, körperliche und seelische Gesundheit?
Wir alle haben solche Ziele, wissen aber oft nicht, wie wir sie erreichen können und wenn wir sie erreichen, sind sie meist nur von kurzer Dauer.
Vergebung ist nicht nur ein wesentlicher Schlüssel, diese Ziele und noch viel mehr zu erreichen, sondern auch der Weg, diese dauerhaft zu erhalten. Die Bibel sagt: „Richtet nicht, dann werdet ihr auch nicht gerichtet, verurteilt nicht, dann werdet ihr auch nicht verurteilt, vergebt, dann wird auch euch vergeben.“ (Lk. 6,37) Dies ist in unserer Gesellschaft nicht mehr modern, allzu schnell werden Menschen verurteilt und gerichtet und selbst wenn sie zu ihrer Schuld stehen, drängt man sie zum Rücktritt, etc. Doch mittlerweile gibt es Gott sei Dank auch viele Bestrebungen aus verschiedensten Richtungen (Medizin, Wissenschaft, Gläubige, Philosophen, Sportler, etc.), die anders handeln und wissen, dass in dieser Welt alles mit allem verbunden ist, es keine wirkliche Trennung im Geist gibt und ich meine Probleme nur lösen kann, wenn ich auch meine innere Ressonanz dazu heile. Wir können die Welt nur heilen in Liebe und Kooperation und dazu müssen wir bei uns und unserem Gegenüber beginnen.
Die medizinische Forschung hat viele Bewiese erbracht, wie schädlich Unvergebenheit auch für den Betroffenen selbst ist. Sie führt zu einem erhöhten inneren Stresslevel, zu Herz-Kreislauferkrankungen, steigender Krebsrate, Schmerzstörungen, psychischen Störungen, Erhöhung entzündlicher Proteine im Körper, etc. Die Folgen für unsere Familien, Beziehungen und Gesellschaft noch nicht mitgerechnet. Vergebung dagegen führt innerlich und äußerlich zum Anstoß von Heilung (auch im körperlichen und seelischen Bereich); man hat noch keinerlei negative Folgen der Vergebung festgestellt.
Auch in meiner psychotherapeutischen Praxis habe ich schon erstaunliche Heilungen in der Seele erlebt, wenn die Menschen sich und dem anderen vergeben können, nachdem sie allerdings ihr Trauma auch entdeckt und sich die entsprechenden Gefühle erlaubt haben und den Weg der Liebe begannen. Dies ist eine Entscheidung, ein mutiger Weg und nicht ganz leicht, oft braucht man dazu Begleitung.
Vergebung bedeutet, allen Unmut, Groll, Bitterkeit, negative Einstellung dem anderen oder sich gegenüber loszulassen und durch positive Gedanken und Verhaltensmuster zu ersetzen (Liebe deinen nächsten wie dich selbst), damit man frei werden kann. Vergeben bedeutet nicht, gut heißen und das Böse zu tolerieren, damit man wieder verletzt wird, sondern dem anderen die Schuld zu erlassen, die er bei Ihnen hat. Was der andere mit seiner Schuld tut, ist seine Verantwortung.
Vergebung ist die wirkungsvollste Handlung, die sie zur Verfügung haben, um Beziehungen zu verändern und ihr Leben zu heilen. Der Vergebungsansatz nimmt Tragödien und Traumata auf und transportiert sie auf eine höhere Ebene, damit sie heilen können. Vergebung ist die gundlegendste Entscheidung, die sie treffen können, um sich mit dem menschlichen und göttlichen Ideal von Liebe und Frieden in Verbindung zu bringen. Vergebung ist keine einmalige Sache, sondern eine Lebenshaltung wie beispielsweise in der Ehe und Familie.
„ Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben? Jesus sagte: Ich sage dir, nicht bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal.“ (Mt 18,21).
Unsere Kinder brauchen eine von Liebe und Güte geprägte Umgebung, um sich optimal entfalten zu können.
Vergebung löscht vergangenen Schaden, egal, ob die Verletzung vor 30 Minuten oder 30 Jahren geschehen ist.
Kürzlich erfuhr ich von einer Patientin, die ihre erwachsene Tochter an Krebs verloren hat, dass ihr Schwiegersohn, welcher selbst Krebs hat, seinem Sohn erst wieder erlaubt, zu ihm zu kommen, wenn er keine Drogen mehr nimmt. Beide haben einen schlimmen Verlust erlebt und versuchen auf ihre Weise damit fertig zu werden, doch diese Unvergebenheit zerstört alles. Wie anders die Geschichte eines Chris Loukas, der dem Menschen vergeben konnte, welcher ihn in betrunkenem Zustand zum Krüppel fuhr. Nicht nur, dass er durch seinen Glauben und Vergebung Heilung erfuhr, sondern er nahm den jungen alkoholkranken Mann wie einen Sohn bei sich auf und half ihm, vom Alkohol weg zu kommen.
Dies ist die Macht hinter der Vergebung. Im Kern geht es um Liebe und Mitgefühl. Liebe ist das Zentrum der dynamischen Spannung des Lebens: unser Wille, autonom und selbständig zu sein gegen unseren Wunsch, in Gemeinschaft zu leben. Wir brauchen beide Aspekte lebensnotwendig und werden sie nur erreichen können, wenn wir in der Liebe (und auch Freiheit) bleiben.
Letztlich ist auch in der Psychotherapie die Liebe, die ein Mensch wieder zu sich findet und auch zum anderen der wesentlichste Faktor für Heilung. Hierzu muss ich allerdings über mein kleines und minderwertiges Ego hinausgehen, mich als einzigartig und geliebt erleben, wie Gott es uns zusagt, um meinen wahren Wert zu erkennen. Dann kann ich diesen auch im anderen sehen.
Wir sind alle auf einer Reise zurück zu unserer wahren Identität. Jeder ist ein einzigartiges Instrument in der Symphonie des Universums. Wenn ich in Bitterkeit und Groll stehen bleibe, entsteht eine Disharmonie, ein Missklang, beginne ich aber meine Disharmonien zu heilen und heilen zu lassen, dann trage ich zur Harmonie und Heilung der Welt bei.
Martin Luther King sagte: „ Wir müssen die Fähigkeit zu vergeben entwickeln und erhalten. Derjenige, der die Macht der Vergebung nicht besitzt, besitzt auch nicht die Macht der Liebe.“
Liebe und Feindseligkeit können nicht gleichzeitig in Ihrem Kopf existieren (Gott ist Licht und in ihm ist keine Finsternis).
Nur ein reiner Geist und ein reines Herz werden das göttliche Wesen des Lebens erkennen können.
Falls sie noch auf jemanden wütend sind, entscheiden sie sich für Vergebung, betrachten die Situation auch einmal aus der Perspektive des anderen und lernen aus der gemachten Erfahrung. Bitten Sie Gott um Heilung und Hilfe in diesem Prozess und sagen sie die folgenden Sätze zu sich und dem anderen (innerlich oder auch in der Realität):
Es tut mir leid, bitte vergib mir, ich liebe dich (mich), ich lasse los und bin dankbar.
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Autor: Dr. med. Klaus Hettmer
Foto: H.J. Beyer, pixelio.de